Rollen-Spiel

– hilfreich und wertvoll oder doch nur was für den Ars…..

 „In jeder Verkleidung steckt eine Wahrheit, die das erkennen lässt, was in einem Menschen tief verborgen ist. Ob sie nun kleidsam oder nur eine Rolle ist, vermag sich ihm nur selbst offenbaren. Vor jeder Selbsterkenntnis, liegt die Selbsttäuschung, um am Ende er selbst zu sein.“  

Claudia Meyer

Es ist Karnevalszeit und in diesem Jahr darf die Narrenzeit ungetrübt und ausgelassen gefeiert werden. Nun sitze ich auf meinem Thrönchen mit Blick auf die Klopapierrolle und sinniere über die Kostümierung nach. Ein merkwürdiges Zusammenspiel und doch denke ich an die Rolle des Toilettenpapiers nach. Bisherein unbeachtetes Objekt obwohl doch mehrmals täglich dienlich und äußerst nützlich. Und tatsächlich bekommt die Rolle einen Platz bei der Verkleidung. Benutzt nicht nur für die hygienische Sauberkeit, auch als Mumien-Kleid wird das Papier zweckentfremdet. Einmal von der Haltbarkeit abgesehen – irgendwie sieht der Mensch einfach schei….. darin aus.
Die Rolle des Toilettenpapiers ist äußerst interessant. So dient es nicht nur für einen Wisch oder einer Verkleidung, sondern auch als Lückenbüßer, als Tränenabtupfer, als Nasenblutstiller, als Hauttester, als Ursache für Streitigkeiten, wenn falsch herum aufgehängt oder nicht mehr vorhanden, als Warnzeichen mit gewünschten Botschaften, als Vorzeigeobjekt mit bunten Bildern, als Poet mit sinnigen Sprüchen, als Ärgernis bei Zerrissenheit und wunder Haut, aber auch mit Wohlfühlcharakter und zeitweise wird es sogar geküsst, um überschüssigen Lippenstift abzuwischen. Ein wirklich häufig benutzter Gebrauchsgegenstand, welcher nach viel Aufmerksamkeit ruft und seine Rolle als Allroundtalent verdient.
Ich Google und finde fantastische Verkleidungen als Toilettenpapierrolle und – ich kann es kaum glauben, als Toilette ebenso. Mir fallen meine Verkleidungen aus Kindertagen ein. Von Pilz, bis Zigeunerin, in der Jugendzeit Indianer. Damals diente als Vorbild die Gruppe Village People mit dem Lied YMCA – ach war das schön. Später war das Pütt-Hemd des Freundes mit einer Baumzeichnung im Gesicht an der Reihe und verband mich mit allen Mädchen aus meiner Clique. Beim Zug durch die Stadt handelte ich mir einen ungefragten Kuss eines jungen Mannes ohne Kostüm ein. Warum manche glauben, in der Narrenzeit Grenzen überschreiten zu dürfen, ist weiterhin für mich nicht zu verstehen. Das Vintage-Kleid von meiner Großmutter war herzzerreißend mit der wahren Geschichte dahinter schlüpfte ich in eine andere Zeit. Ich erinnere mich noch an das Bienchenkostüm, welches ich für meine Töchter und mich selbst nähte. Und wie kann es anders sein, eine Verkleidung als Pippi Langstrumpf und als Hippie, welche für mich im Erwachsenenalter immer noch akzeptabel waren ohne mich damit lächerlich zu machen. Jetzt, indem ich das schreibe, finde ich es dann doch etwas peinlich.
Im Nachhinein betrachtet, zeichnete die Auswahl der Rollen und Verkleidungen meine Wünsche, meine Ideale und mein Wesenskern, meine Persönlichkeit wieder. Niemals hatte ich den Wunsch, eine Prinzessin oder ein Räuber zu sein. In meiner realen Welt war ich jedoch eher die graue Maus, die Rolle der angepassten lieben und braven Tochter bis zu der Rolle als Schützenkönigin. Nie zuvor sah ich mich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen und ich muss sagen, es war eine sehr lehrreiche und einschneidende Erfahrung in meinem Leben. In eine Rolle auch einmal gestoßen zu werden, erfordert zwar viel Mut, aber in dieser habe ich meine Angst vor dem gesehen werden etwas abgebaut. Schwieriger war es bei den Seminaren, beim Einnehmen einer Rolle als Mann und dessen Klischees zu schauspielern. Kaum in meinem Leben habe ich mich in unangenehme Rollen, mit denen ich mich nicht identifizieren konnte, hineinversetzen können. Vielleicht auch, weil zu viel Gefühl uns an eine Person daran erinnert, mit der wir eine schmerzvolle Erfahrung verbinden. Was aber durchaus sehr heilsam sein kann und uns die Welt aus einer anderen Perspektive offenbaren kann.

Jede Rolle suggeriert ein Lebensgefühl, etwas, was wir uns wünschen, was wir selbst gerne hätten, ein Kontrast zudem was wir dürfen, was erlaubt oder was verboten ist. Etwas Rebellisches, gefährliche, provokante, dominante, machtvolle, vorbildliche oder ungehorsame Potpourris an menschlichen Emotionen. Eine Ahnung oder Vorstellung zu bekommen, was eine bestimmte Rolle vermittelt, dabei kann uns eine Verkleidung helfen, das alles nachzuempfinden. Eine hervorragende Möglichkeit, uns selbst darin zu erkennen, besser kennenzulernen oder um festzustellen, welche Rolle nicht zu unseren Werten und Herzenswünschen passt.
In der Kindheit übernehmen wir eine uns zugedachte Rolle in der Familie. Ist der Rebell, Aufmüpfige, Widerstandskämpfer oder die Perfekte, Disziplinierte, Fleißige besetzt, so bleibt vielleicht nur noch die Angepasste oder der Clown übrig. Später identifizieren wir uns mit der Mutter oder dem Vater, mit einem Vorbild oder einem Rollenklischee z.B. bei Mann und Frau. Häufig bleiben wir ein Leben lang in einer angenommenen Rolle aus der Kindheit und Jugendzeit stecken. Übernehmen z.B. die Mutterrolle in einer Partnerschaft. Interessant dabei ist, dass in solchen Beziehungen der Mann die Rolle des Sohnes nie abgelegt hat.
Jede Verkleidung und jede Rolle die wir in unserem Leben spielen, bekommt einen Gegenspieler. Nicht nur in Filmen ist das gut zu beobachten. Nur, das der Schauspieler lernt, aus der Rolle wieder herauszufinden. Hinter jeder Verkleidung und jeder Rolle steckt ein Bedürfnis, ein Bedürfnis nach Verbundenheit, Zugehörigkeit, nach etwas Besonderes zu sein, nach geliebt zu werden oder das Bedürfnis, einfach mal aufzufallen, aus der Komfortzone auszusteigen oder einmal etwas zu sein, was wir uns im normalen Leben nicht trauen auszuleben oder auszusprechen. Da kann der Clown zu einem Pierrot werden, der auch einmal Trauer zeigen darf ober der Chef und Kontrolleur einmal die Kontrolle verlieren in einem getarnten Bärenkostüm oder die Anständige Frau mag einmal als Domina ihre wahren Sehnsüchte ausleben oder der stets pflichtbewusste und zuverlässige Bankangestellte kann einmal als Ganove die Sau raus lassen und Grenzen überschreiten.
Karneval, Fastenzeit oder Schauspielerei – alles ist hilfreich und dienlich, sich selbst auszuprobieren. Ich habe vor drei Jahren einmal eine kleine Weisheit aufgeschrieben und vielleicht macht es dich nachdenklich, wovor du Angst hast oder was dich blockiert, dich so zu zeigen, wie du wahrhaftig bist.
„Demaskiert"

Karneval, jedes Jahr aufs Neue – tolle Aussichten, fantasievolle Verkleidungen und wunderschöne Maskierungen. Darunter versteckt die Gefühle und Geschichten, die unsere unerfüllten Wünsche wohl deutlich markieren. Doch wenn die Hüllen fallen – und sie fallen irgendwann ganz bestimmt – wirst du vielleicht nicht mehr jedem gefallen, in deinem provokanten Kleid, welches dich in deiner bloßen Nacktheit offen zeigt. Demaskiert fühlt sich ein mancher betrogen, übersieht dabei, dass er sich hat selbst all die Jahre belogen. Ja, im Karneval passt die Maskerade rein, aber in der anderen Zeit darf ich enthüllt und nackt einfach nur ich selbst SEIN. (Claudia Meyer)

Mir fällt gerade ein Konzertbesuch vor ein paar Wochen ein. Unter den „normal“ gekleideten Menschen war ein Mann darunter, der sich auffällig fraulich mit Lackstiefeln und Lederweste, lackierten Fingernägeln und auffällig geschminkten Gesicht kleidete. Er war abfälliges, verurteilendes Gesprächsthema in einigen Grüppchen, die zusammenstanden.

Für mich aber war dieser Mann der wahrhaftigste, authentischste und ehrlichste Mensch auf diesem Konzert.

Also, mir hat die Rolle als Pippi Langstrumpf sehr gut gefallen nach dem Motto „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ und probiere mich einfach weiter aus. Und irgendwann wähle ich das „Eva-Kostüm“ und gehe dahin zurück, wo ich mir nackt am besten gefalle.

Welche Rolle hast du in deiner Kindheit übernommen?
Und welche Rolle hast du in deiner Partnerschaft eingenommen?
Welche Rolle hast du, wenn du alleine bist?
Was verbindest du mit diesen Rollen?
Welches Bedürfnis stillt diese Rolle und welche Sicherheit gibt sie dir?

Mögest du genau die Rolle einnehmen, die deine Persönlichkeit, deine Begeisterung, deine Menschlichkeit, dein Potenzial ausdrückt. Mögest du Freude und Lebenslust in deiner Verkleidung erleben und dich nicht mehr hinter dem Toilettenpapier als Mumie verstecken. Denn das ist wahrlich für den Ars……Brauchst du Unterstützung bei deiner Selbstfindung, dann begleite ich dich gerne. Finde die für dich passendste Rolle, die dich einzigartig und wundervoll kleidet.

Herzlichst Claudia


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